Rede Michaela Novak-Chaid anlässlich der 25-Jahresfeier 2016

Rede Michaela Novak-Chaid anlässlich der 25-Jahresfeier 2016

Michaela Novak-Chaid mit Dr. Helmut Sohmen

Vor 23 Jahren, im Jahre 1993, war ich die erste StipendiatIN der Sohmen Fernost Stiftung.

Meine Reise hat mich nach Peking, Chengdu, Shanghai, Hongkong (damals übrigens noch englische Kolonie!) und Taiwan geführt. Damals eine völlig andere Welt. Gegenstand meiner Untersuchungen war eine Machbarkeitsstudie über die Produktionsmöglichkeiten von Airline Trolleys in Composite Bauweise in Zusammenarbeit mit der chinesischen Luftahrtindustrie. Der Ansatz, sich diese Produktionsmöglichkeiten vor Ort zu überlegen war damals so visionär, dass ich im nachhinein betrachtet meine, er war seiner Zeit wahrscheinlich zu sehr voraus, aber das tat den damals gewonnenen Erkenntnissen als solche aus meiner Sicht keinen Abbruch. Die Vision stammte übrigens von Walter Stephan, dem Vorstandsvorsitzener von FACC. Mehr dazu in Kürze.

Sehr geehrter Herr Dr. Sohmen,
sehr geehrte Beiratsmitglieder der Sohmen Fernost Stiftung,
sehr geehrte Stipendiaten, geschätzte Angehörige und liebe Festgäste!

Ich freue mich sehr, die große Ehre zu haben, als Vertreterin der Stipendaten und Stipendiatinnen ein paar Worte anläßlich der Feier 25 Jahre Sohmen Fernost Stiftung an Sie richten zu dürfen. Mein Name ist Michaela Novak-Chaid, ich bin Geschäftsführerin von HP Österreich.

25 Jahre SFS: was für eine Vision hatte Dr. Helmut Sohmen vor mehr als 25 Jahren, als er eine Stiftung ins Leben rief, die österreichischen Studenten und –absolventen ermöglichte, Chancen und Risiken von Investitionen von österreichischen Unternehmen im asiatischen Raum persönlich zu evaluieren, zu studieren und zu erleben..

25 Jahre ist eine lange Zeit und gleichzeitig ist sie wie im Flug vergangen. Im Grunde genommen, hatten wir als Stipendiaten und Stipendiatinnen über die letzten 25 Jahre die außergewöhnlich Möglichkeit und Chance, den Aufstieg der asiatischen Emerging Markets, speziell Chinas, vor Ort bzw erste Reihe fußfrei zu erleben.

Im letzten Vierteljahrhundert, konnten wir, wie ein chinesisches Sprichwort besagt, wahrlich in interessanten Zeiten leben: Mit einem durchschnittlichen Wachstum von 10% per anno hat v.a. China überdurchschnittlich expandiert, gefolgt von Indien mit 6-8%. Infolge der überdurchschnittlichen Wachstumsdynamik haben die asiatischen Länder stark an Gewicht der Weltwirtschaft gewonnen. Der Anteil am Welt-Bruttoinlandsprodukts hat sich von 13 % vor 25 Jahre auf 30 % also einem Drittel, mehr als verdoppelt!

Was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft, haben sich österreichische Direktinvestitionen in den letzten 20 Jahren verzwanzigfacht, sicher mit einem Höhepunkt 2008/2009 aber auch jetzt noch auf respektablem Niveau. Führend dabei waren österreichische Direktinvestitionen in China und Hongkong. Alleine der bilaterale Handel zwischen Österreich und China ist unglaublich gewachsen und überschritt im vergangenen Jahr erstmals die Zehn Milliarden Euro Marke. China ist der wichtigste Lieferant österreichischer Importe außerhalb Europas und für Österreich der zweitgrößte außereuropäische Exportmarkt nach den USA. Unglaubliches hat sich entwickelt in diesen 25 Jahren.

Vor 23 Jahren, waren die Logistikvoraussetzungen, v.a. Richtung Zentralchina, wo der Hauptfokus der Luftfahrtindustrie lag, unvorstellbar schlecht ( zum Beispiel erinnere ich mich an die Schotterstraßen, die Überflutungen und  die mangelhafte Kanalisation, ungekühltes Fleisch am Straßenrand, gleichzeitig aber auch Gemüse- und Obststände ästhetisch im Aufbau und in der Präsentation wie in einem Fotoband), aber was ich gelernt und gesehen habe, v.a. hinsichtlich des kulturellen Umgangs, könnte mindestens ein Buch füllen und war für meine spätere berufliche und persönliche Entwicklung extrem hilfreich. Das Selbstverständnis eines Landes, das sich als ‚Reich der Mitte‘ im wahrsten Sinne des Wortes, wähnt, war eine wichtige Erkenntnis. Ich erinnere mich aber auch ganz speziell an den wertschätzenden Umgang bei Meetings und bei Geschäftsessen – so exotisch diese manchmal auch waren – aber auch an das hohe subjektive Sicherheitsgefühl, das ich als alleinreisende Frau erlebt habe.

Die chinesische Luftfahrt hat zwischenzeitlich, wenig überraschend, mit, der allgemeinen Wirtschaft ähnlichen, nämlich durchschnittlichen 2-stelligen Wachstumsraten expandiert und die Pläne bleiben mit 13 % durchschnittlichem Wachstum in der Zukunft weiter ehrgeizig (Ausbau von Flughäfen, Bau von kommerziellen Flugzeugen).

Am meisten überrascht hat mich – rückblickend – in diesem Zusammenhang trotzdem, ehrlich gesagt, eine Wendung in der Geschichte von FACC in letzten Vierteljahrhundert: die Tatsache, dass sich vor 7 Jahren, 16 Jahre nach meiner Studie, der chinesische Luftfahrtkonzern Xi’an Aircraft Industry am Flugzeug-Zulieferer FACC beteiligt hat. Ein derartiges Szenario hätte zugegebenermaßen im Jahre 1993 mein Vorstellungsvermögen gesprengt.

Vor 10 Jahren hat man sich in China zum Ziel gesetzt, mit eigenen Maschinen dem Duopol Airbus und Boing ernsthaft Konkurrenz zu machen. Die Volksrepublik ist seit Jahren der am schnellsten wachsende Markt der zivilen Flugzeugindustrie. Durch wirtschaftliche Kooperationen (u.a. durch Offsetverpflichtungen) konnten sich die Chinesen sehr viel technisches Know-how aneignen. Erst vor 5 Monaten, im November 2015 präsentierte schlussendlich Chinas ziviler Flugezugbauer Comac seinen ersten Mittelstreckenflieger aus rein chinesischer Fabrikation. Ob der erste Testflug inzwischen stattgefunden hat, konnte ich nicht eruieren, ich würde es mir liebend gerne ansehen. Die spannende Frage, die bleibt, ist: ist der neue Flieger gleich gut – oder gar besser – als bestehende Modelle?

‚Ansehen‘ ist das Stichwort für mich, fast zum Schluss zu kommen. Ich lade sie zu einer kleinen Rechenaufgabe ein:  Ca 53 Stipendiaten u Stipendiatinnen wurde in 25 Jahren diese Möglichkeit geboten. Das Motto, nach dem chinesischen Sprichwort ‚1 mal sehen ist besser als 100 mal hören‘ hätte treffender nicht gewählt werden können. Mit 53 Stipendiaten und Stipendiatinnen wurde der Effekt von mindestens 5300 mal hören erzielt und fragen sie mich nicht, auf welche Zahl wir kämen, wenn wir den Weitererzähleffekt mitrechnen würden. Bei mir alleine werden 100 mal nicht reichen und ich nehme an, bei Ihnen, liebe Stipendiaten und Stipendiatinnen wird es nicht viel anders sein. Damit war der asiatische Wirtschaftsraum alleine in dieser Runde, konservativ geschätzt, 530.000 mal in aller Munde. Der Multiplikatoreffekt ist letztendlich unendlich. Ich denke, der Return on Investment war damit außerordentlich, v.a. wenn man die wertvollen Lektionen, das kulturelle Verständnis, das daraus entstandene Netzwerk, die großartigen Erkenntnisse und letztendlich die unendliche Horizonterweiterung, die man mit Gold nicht aufwiegen kann, dazurechnet.

Ein großes Dankeschön an Sie, Herr Dr. Sohmen, dafür.

Es ist davon auszugehen, dass die rapiden Veränderungen der letzten 25 Jahre im asiatischen Raum im kommenden Vierteljahrhundert an Geschwindigkeit nicht allzu dramatisch abnehmen werden. (Zur Zeit meiner Studie war übrigens nicht einmal das Internet erfunden!) Viele Entwicklungen davon werden uns heute visionär erscheinen, uns überraschen oder völlig unerwartet auf uns zukommen.

Somit möchte ich allen zukünftigen Stipendiaten ein Zitat von Victor Hugo mit auf den Weg geben:

Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.

Dankeschön!